Christian Heise [Hrsg.]: c't Magazin für Computertechnik, Jahrgang 2004 (01/2004 - 26/2004, 1/2005). Verlag Heinz Heise, ISSN 0724-8679, je 3,00 Euro
Der Jahrgang 2004 umfaßt auch die am 27.12.2004 erschienene Ausgabe 1/2005. Folgende Geschichten sind erschienen:
Frank + Desiree Hoese: Die Prometheus-Falle (c't 1/2004 + 2/2004)
Die Bosse der Outskirts tun sich zusammen, um der führenden Cybertechnik-Firma des Mainstream den Prototypen einer neuen Wetware zu stehlen.
Sehr schöne Geschichte im zukünftigen Gangster-Milieu. Vielleicht nicht ganz sehr gut, aber dicht dran!
Helmuth W. Mommers: Download (c't 4/2004)
Ein Junge spielt am liebsten »Das Ende der Menschheit« in VR direkt mit seinem implantierten Cyberanschluß.
Nette Geschichte, in der Mommers mit (virtueller) Realität spielt. Mehr aber leider nicht.
Karl Hofbauer: Kriegserklärung (c't 5/2004)
Philosophiestudent verzettelt sich in einem Computerspiel.
Nett gemacht. Keine SF.
Günter Hack: Full City (c't 6/2004)
Beim Lebensmitteldiscounter Waleck funktionieren die kontaktlosen Chips nicht mehr, mit denen der Kaufpreis automatisch beim Verlassen des Geschäfts vom Konto abgebucht wird. Dr. Nellie Pryx und Dr. Martin Vogt sollen den Grund herausfinden und finden eine Szene, die die Chips als Speichermedium für akustische Graffiti nutzt.
Gute Idee, das ist die erste Story, die sich mit der Problematik der RFID-Chips auseinandersetzt. Der Stil allerdings... Kurze Sätze. Wenig Verben. Chaotische Handlung. Soll wohl nach Cyperpunk aussehen. Tuts aber nicht.
Jörg Isenberg: Sanitäter (c't 7/2004)
Vermutlich in Indien: Krieg. Ein bionisch verbesserter Neumensch und ein normaler Mensch versuchen sich durchzuschlagen, bis der Sanitätsroboter kommt.
Die Grauen des Krieges werden realistisch dargestellt. Richtig gemeines Ende. Isenberg zeigt erneut, wie vielseitig er ist. Gute Geschichte, aber für mehr reicht es nicht.
Andreas Stevens: Spielzeug (c't 8/2004)
Patrick entdeckt einen Fehler in seinem Standard-Verbesserungs-Implantat. Wenn er ihn bewisen kann, bekommt er das allerbeste als Entschädigung. Aber das ist nur ein Köder des Untergrunds...
Nette Geschichte über den totalen Überwachungsstaat.
Helmuth W. Mommers: Ein Programm zum Verlieben (c't 9/2004)
Michael lädt sich eine kostenlose persönliche Sekretärin herunter, die er nach seinen Vorlieben gestalten kann. Ein kostenpflichtiges Upgrade erlaubt auch weitergehende Dienste...
Grins! Sex sells, und Mommers spielt virtuos mit dem Thema, mit allen Konsequenzen. Hervorragende Geschichte!
Andrea Stevens: Das Prinzip Lüge (c't 10/2004)
Feuerwehrmänner haben ein Problem, den Brand in einem Regierungsgebäude zu löschen. Ein neuentwickelter Feuerwehrroboter soll ihnen helfen.
Captain Kirk diskutiert einen Computer zu Tode... grins! Sehr schöne Geschichte!
Justus Noll: Eine quantastische Kreuzfahrt (c't 11/2004)
Auf einer Spitzbergen-Kreuzfahrt erzählt eine Frau dem Schiffspianisten von den Versuchen ihres Mannes, in seinem Gehirn einen Quantencomputer zu installieren.
Die Geschichte beginnt erst in der Mitte, und auch dann wird es nicht viel interessanter, denn es werden nur Andeutungen gemacht, es gibt keine Erklärungen. Langatmig und fast nur aus Dialogen bestehend. Die schlechteste Geschichte des Jahrgangs.
Helmuth W. Mommers: Ruhe in Frieden (c't 12/2004)
Der ich-Erzähler beobachtet seine eigene Beerdigung und blendet dann zurück, wie es dazu kommen konnte.
Naja, ganz nett gemacht, für Mommers aber eigentlich zu oberflächlich.
Digo Chakraverty: Rosemarys Rückkehr (c't 13/2004)
Mittels Hochleistungscomputern werden Kinofilme gemäß dem Käuferprofil der per Kreditkarte zahlenden Zuschauer an deren Wünsche angepaßt.
Raffinierte Geschichte über die Ausnutzung von Kundenprofilen und wie sich jemand das zunutze macht...
Desirée Hoese + Frank Hoese: Ein Hellhound für Ernesto (c't 14/2004)
Wren und Instant arbeiten an der Kalibrierung ihrer Wetware, als sie den Auftrag bekommen, den verschwundenen Sprößling einer brasilianischen Gansterchefin zurückzuschaffen.
Unmittelbare Fortsetzung von »Die Prometheus-Falle« (c't 1 + 2/2004), diesmal aber gleich mit Cliffhanger. Die Handlung ist simpler gestrickt und vermag nicht ganz zu überzeugen, aber ich bin schon gespannt auf die Fortsetzung!
Helmuth W. Mommers: Stimme des Gewissens (c't 15/2004, S. 230 - 234)
Timmy bekommt mit 4 Jahren Amy, eine Art elektronisches Gewissen, eingepflanzt. Später kommt noch Joey als schulischer Tutor dazu.
Sehr schöne und stimmungsvolle Geschichte über das Heranwachsen eines Jungen, der durch kybernetische Implantate überaus effektiv kontrolliert und konditioniert wird. Mommers gibt sich hier richtig Mühe! Eine der besten Stories dieses c't-Jahrgangs und vor »Universal Soldier« (Visionen 2004) Mommers beste Geschichte dieses Jahr.
Thorsten Küper: Parasiten (c't 16/2004, S. 206 - 209 und c't 17/2004, S. 204 - 208)
Zwei Reporter hören den Polizeifunk ab, um möglichst schnell am Ort des Geschehens sein zu können. Dabei setzen sie 12 Beobachtungsdrohnen ein, die aus dem Bestand des russischen Militärs stammen...
Küper braucht etwas, bis die Geschichte in Schwung kommt, danach wird sie aber richtig gut und rasant. Wie so oft ist nicht alles so, wie es zu sein scheint, denn die Regierung will an der Macht bleiben.
Andrea Stevens: Menschsein (c't 18/2004, S. 210 - 213 und 19/2004, S. 218 - 222)
Auf einer Raumstation gab es eine Katastrophe: Alle 90 Besatzungsmitglieder starben bei der Explosion eines kleinen Bereichs der Station. Jetzt sind 3 Spezialandroiden mit der Untersuchung beschäftigt, außerdem kommen noch ein paar Menschen dazu - sehr ungewöhnlich...
Rasante Geschichte, die den Leser lange im Unklaren über das tatsächliche Geschehen läßt und ganz aus der Sicht der Androiden erzählt ist. Die Asimovsche Computergesetzgebung erfährt hier eine sehr interessante Weiterentwicklung. Die Geschichte ist nach »Die Prometheus-Falle« die beste Geschichte des Jahrgangs.
Tom Liehr: Downlink (c't 21/2004, S. 232 - 236)
Henck wurde wegen Spionage durch Satellitenmanipulation zu 6 Jahren Arbeitslager auf einem erzreichen Mond verurteilt. Nach fast einem Jahr kommt plötzlich keine Nahrung mehr zu ihm...
Die Schlußpointe ist nicht übel, aber in sich unlogisch. Die Story ist gut geschrieben.
Uwe Hermann: Der Feind im Haus (c't 22/2004, S. 254 - 258)
Jones hat verschlafen, weil er sein leicht defektes Multi nict hatte reparieren lassen. Jetzt streikt auch noch sein Auto, dabei muß er heute eine revolutionäre neue Werbesoftware vorführen!
Nett gemacht, die Möglichkeiten der erdachten Technik voll ausnutzend. Der Erzählstil ist allerdings nicht so gut, die Geschichte wirkt dadurch langatmig.
Frank G. Gerigk: Teufel, Messias, Zombie (c't 23/2004, S. 260 - 262)
Ein Versuch, mittels Nanomaschinen das menschliche Leben zu verlängern, geht schief und erfordert schnelle Gegenmaßnahmen.
Ziemlich konfus erzählte Geschichte.
Corinna Schmidt: Gestern ein König (c't 24/2004, S. 254 - 256)
Otto N. wird aufgefordert, sich bei der Lebensaufsichtsbehörde zu melden.
Reichlich überdrehte Geschichte, die aber in Bezug auf die Möglichkeiten, die im konzertierten Datensammeln liegen (das Bundesinnenminister Schily ja mächtig forciert) absolut glaubwürdig ist.
Günter Hack: Land der hunderttausend Augen (c't 25/2004)
Der Autotax AG werden massenhaft Überwachungskameras etc. gestohlen. Nellie Pryx und Martin Vogt sollen die Ripperbande infiltrieren.
Die gleichen 2 Ermittler wie in »Full City«. Ziemlich geradlinige Geschichte mit zynischem Ende, aber nicht gut ausgearbeitet, wirkt eher wie ein Exposé denn wie eine fertige Geschichte. Das ist vermutlich beabsichtigt, aber aus der Story hätte mehr gemacht werden können.
Bodo Kroll: Projekt Erlebniswelt (c't 26/2004)
Karl, Anführer des Rudels, wird von Johannes niedergeschlagen. Dabei wird sein Interfaceimplantat zerstört, und er erkennt, daß der Schiffscomputer die Besatzung künstlich auf Steinzeitniveau hält.
Gut geschriebene, spannende Story mit mehreren Wendungen. Eine der besten Geschichten des Jahrgangs.
Murat Kayi: Der Testlauf (c't 1/2005)
Soldat Francis ist im Dienst erblindet, soll jetzt aber Testperson eines bionischen Experiments werden, mit dem er ein neuartiges Waffensystem online steuern kann.
Gut geschrieben, wenn auch nichts neues. Die Schlußpointe ist gelungen.
Fazit: Die Zeiten, in denen die c't zu den wenigen Veröffentlichungsmöglichkeiten für deutsche SF gehörte, sind vorbei, und die Qualität der hier veröffentlichten Geschichten hat meiner Meinung nach darunter deutlich gelitten. Es ist auch auffällig, daß immer wieder dieselben Autoren vertreten sind. Ich weiß leider nicht, ob das der Bequemlichkeit der c't-Redaktion oder mangelndem Autoreninteresse geschuldet ist. Die etwas besseren Geschichten möchte ich aber nennen (Reihenfolge des Erscheinens, nicht Wertungsreihenfolge):
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Erstellt am Fre 14.01.2005 von Martin Stricker.
Zuletzt geändert am So, den 11.12.2005 um 02:34.